Prof. Dr. Irene Schneider
Frau Professorin Irene Schneider ist weiterhin Professorin am Seminar für Arabistik/Islamwissenschaft II der Universität Göttingen.
Sie ist jedoch derzeit beurlaubt und seit dem 1.10.2024 Fellow am Max-Weber-Institut /Universität Erfurt. Der ERC Advanced Grant startet am 1.11.2024 am Max-Weber-Institut /Universität Erfurt. Die Kontaktadresse von Frau Professorin Irene Schneider in Erfurt lautet:
Prof. Dr. Irene Schneider
Fellow
Max-Weber-Kolleg
University of Erfurt
C19.01.31
Nordhäuser Street. 63
99089 Erfurt
Phone: +49-361/737 2852
Irene Schneider ist seit 2003 Professorin am Seminar für Arabistik/Islamwissenschaft der Georg-August-Universität und Nachfolgerin von Prof. Dr. P. Bachmann. 1989 wurde sie mit der Arbeit "Das Bild des Richters in der adab al-qadi-Literatur" an der Universität Tübingen promoviert und habilitierte sich 1996 an der Universität zu Köln mit der Arbeit "Kinderverkauf und Schuldknechtschaft. Untersuchungen zur frühen Phase des islamischen Rechts", durch die sie die Venia Legendi für das Fach Islamwissenschaft erhielt. Von 1990 bis 1997 war sie Assistentin am Orientalischen Seminar der Universität zu Köln. 2008 lehnte sie einen Ruf der Universität Zürich auf eine C 4-Professur "Islamwissenschaften/Genderwissenschaften" ab, ebenso wie 2014 einen Ruf an die University of Exeter/UK als Sharja Professor of Islamic Studies.
Ihre Forschungsgebiete sind
- Islamisches Recht (Familien-, Straf-, öffentliches Recht) und seine Institutionen
- Staat und Gesellschaft in zeitgenössischen muslimischen Staaten: Marokko, Ägypten, Palästina, Iran, Afghanistan
- Rechtsgeschichte
- Geschlechterforschung, besonders Geschlechterkonstruktionen im Recht
- Ideengeschichtliche Konzepte (Begriffsgeschichte, Zivilgesellschaft, Menschenrechte, Translational Turn)
- Islam in Europa (besonders in Deutschland)
- Ḥadīth-Forschung
- Rekonstruktion der formativen Periode des Islams; methodische Probleme der Quelleninterpretation
Ihre Arbeitssprachen sind Arabisch und Persisch
- Seit 9.2022 ist sie Stellvertretende Vorsitzende der Deutsche Arbeitsgemeinschaft Vorderer Orient (DAVO)
- Seit 1.1.2021 ist sie Direktorin des SAI II
- Seit 2015 bis 2023 ist sie 1. Vorsitzende der Gesellschaft für Arabisches und Islamisches Recht
- 2014 etablierte Prof. Schneider den Forschungs- und Lehrschwerpunkt "Palästina und der Nahostkonflikt"
- 2011 richtete sie den Studienschwerpunkt "Islamisches Recht" im Master (78C / 42C) ein. Dieser ermöglicht es Masterstudierenden, einen intensiven Einblick in die islamische Rechtssprache als Fachsprache zu erhalten und zugleich Module der Juristischen Fakultät zu belegen (z.B. Menschenrechtsschutz, Staatslehre)
- 2010-2013 war sie Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Geschlechterforschung an der Universität Göttingen
Abgeschlossenes Forschungsprojekt
Recht und Geschlecht: Debatten zur Geschlechterstellung in Palästina 2012-2014 (Laufzeit von 2014-2020)
Geschlechtervorstellungen prägen rechtliche Normen, Recht seinerseits beeinflusst die Rollenverständnisse der Geschlechter einer Gesellschaft. Dies gilt in islamischen wie auch anderen Gesellschaften vor allem im Bereich des Familien-, aber auch des Strafrechts. Ziel des Projekts ist die Analyse der (Re)konstruktion von und Diskurse um Geschlechterrollen und die Geschlechterstellung anhand zweier empirischer Beispiele. Diese beziehen sich auf eine Neuregelung der sog. Loskaufscheidung einerseits und der Abschaffung der Strafminderung im Fall von Ehrenmorden andererseits. Das Material wurde auf einem Forschungsaufenthalt in der West Bank von Oktober bis Dezember 2013 und Oktober-November 2014 gesammelt.
Laufendes Forschungsprojekt
“(De)Colonizing Sharia?” Tracing Transformation, Change and Continuity in Islamic Law in the Middle East and North Africa (MENA) in the 19th and 20th Centuries (Laufzeit 2024-2029)
Die Begegnung des europäischen Kolonialismus mit dem islamischen Recht oder der Scharia, dem Hauptpfeiler der vorkolonialen Rechtssysteme im Nahen Osten und in Nordafrika, hat bis heute enorme Auswirkungen. Die Einführung moderner Rechtssysteme nach europäischem Vorbild hat, wie einige Wissenschaftler behaupten, zur Abschaffung der Scharia geführt. Andere betrachten die rechtlichen Veränderungen, die muslimische Gesellschaften durchlaufen haben, eher als Zeichen für die Flexibilität der Scharia denn als deren Untergang. Die zentrale Frage, mit der sich dieses Projekt befasst, lautet daher: Wie wurde die Scharia durch den Kolonialismus verändert? Das Fragezeichen im Titel des Projekts „(De)Kolonisierung der Scharia?“ ermöglicht es uns, das Ausmaß der Kontinuitäten, Veränderungen oder Brüche, die die Scharia während der kolonialen und postkolonialen Zeit geprägt haben, bewusst offen zu lassen und uns auf die Transformationsprozesse zu konzentrieren. Das Projekt stützt sich auf umfangreiche Archivarbeit und intensive Textlektüre, um die Kodifizierung/Gesetzgebung, Rechtswissenschaft/Rechtstheorie und Justizbehörden in Ägypten, Marokko, den Golfstaaten, Saudi-Arabien, Palästina, Iran und auf der Krim zu untersuchen, die verschiedene Formen – britische, französische und russische – der kolonialen Begegnung repräsentieren. Wir konzentrieren uns auf die Handlungsfähigkeit der Rechtsakteure, liefern paradigmatische Fallstudien für eine vergleichende Bewertung und reflektieren über die grundlegenden terminologischen und theoretischen Fragen, die der Frage zugrunde liegen, wie „(De)Kolonisierung der Scharia?“ angemessen erfasst, erforscht und beschrieben werden kann. Im weiteren Sinne erwarten mein Team und ich hohe Erträge, indem wir in enger Zusammenarbeit mit unseren Kollegen in der Region die auf europäischen Terminologien, Theorien und akademischen Traditionen basierende Wissenschaft hinterfragen. Wir sind überzeugt, dass die Ergebnisse für den aktuellen akademischen und politischen Diskurs in Europa, im Nahen Osten und anderswo sowie für das aufstrebende Feld der dekolonialen Rechtswissenschaften von hoher Relevanz sein werden.
Sekretariat